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Zeichnung der Schule
Schüler und Schülerinnen der Dietrich-Bonhoeffer-Schule, Rollifahrer, Therapiepferd mit Schüler, Schüler beim basteln

Interview mit Christoph Stalder (Therapieleitung)

Was macht eigentlich ... Christoph Stalder, leitender Physiotherapeut an der LVR-Dietrich-Bonhoeffer-Schule?

Christoph Stalder neben einem Stehgerät und einem Therapiestuhl.
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Christoph Stalder neben einem Stehgerät und einem Therapiestuhl.

Als leitender Physiotherapeut arbeitet Christoph Stalder an der LVR-Dietrich-Bonhoeffer-Schule Bedburg-Hau mit demFörderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Was die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen so besonders macht,verrät er uns im Interview.

Herr Stalder, wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Ich bin morgens um kurz vor halb acht an der Schule. Mit den ersten Therapien starte ich dann um viertel nach acht. Einmal in der Woche besprechen wir uns zudem im Team, welches aus Physiotherapeut*innen, Logopädinnen und Ergotherapeut*innen besteht. Zusätzlich zu meinen Aufgaben als behandelnder Physiotherapeut bin ich in meiner Funktion als Therapieleitung für die administrative Arbeit zuständig. Dazu gehören zum Beispiel die Rezeptverwaltung, Stellungnahmen bei Neuanmeldungen oder die Informationsweitergabe an Klassen über Termine zur Hilfsmittelversorgung. Viele dieser Hilfsmittelversorgungen werden ebenfalls von mir begleitet.

Wie sind Sie zum LVR gekommen?
Ich bin tatsächlich eher zufällig beim LVR gelandet, obwohl ich vorher schon sehr lange im Bereich der heilpädagogischen Kindertagesstätten indirekt mit dem LVR zu tun hatte. Nach 19 Jahren, in denen ich die Altersklasse 3 bis 7 Jahren behandelt habe, fand ich es spannend, den Kreis zu schließen und mit der darauffolgenden Altersklasse zu arbeiten. Jetzt behandle ich Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 18. Das hält ganz neue Herausforderungen bereit.Die LVR-Dietrich-Bonhoeffer-Schule kannte ich schon, weil viele Kinder, die ich in der heilpädagogischen Kindertagesstätte behandelt habe, dort auf die Schule gekommen sind. Es war total klasse, diese Kinder nach Jahren wiederzusehen. Ich habe zum Beispiel für ein Mädchen die allererste Rolli-Versorgung initiiert und habe jetzt nochmal die Neuversorgung mit einem Rollstuhl vor ihrem Schulabschluss begleitet.

Was ist das Besondere an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen? Haben Sie auch schon mal miterwachsenen Patienten gearbeitet?
Insgesamt habe ich zweieinhalb Jahre im Erwachsenenbereich gearbeitet. Ich habe aber schon während des Studiums und bei einem studienintegrierten Praktikum in den Niederlanden gemerkt, dass die Arbeit mit Kindern mit Förderbedarf mein Steckenpferd ist. In einer Tagesbetreuungs-Einrichtung mit Kindern und Jugendlichen von 1 bis 18 habe ich einfach gemerkt: Das ist es! Mit Kindern zu arbeiten basiert vor allem auf Beziehungsarbeit. Das Besondere ist, dass man eine Therapie macht, die von den Kindern nicht unbedingt als Therapie wahrgenommen wird. Man ist herausgefordert die Inhalte und Zielsetzungen fachlich korrekt, aber auf eine spielerische Art und Weise anzuwenden, die den Kindern Spaß macht und ihre Motivation aufgreift.Eine Herzensangelegenheit von mir ist auch die Arbeit mit schwerstmehrfachbehinderten und nicht-sprechenden Kindern. Da sucht man einen Zugang über ganz viel Gestik, Mimik, Melodie oder Körperkontakt, um in Interaktion und Kommunikation zu kommen.Das ist eine besondere Herausforderung, doch ein „Dialog“ ist meiner Einschätzung nach, ganz besonders im Schulkontext, eine Basis für eine gute und erfolgreiche Therapie. Wenn das gelingt, ist es auch super dankbar und macht sehr viel Spaß.

Worauf freuen Sie sich besonders im neuen Jahr 2023 – beruflich wie auch privat?
Im letzten Jahr haben wir an der LVR-Dietrich-Bonhoeffer-Schule groß unsere 50-Jahr-Feier organisiert und in diesem Rahmen an einem Zirkusprojekt teilgenommen. Das war sehr viel Arbeit – mit einem tollen Ergebnis: Es gab eine begeistert gefeierte Zirkusvorstellung, dazu viele unterschiedliche Abendveranstaltungen, wie Konzerte, Lesungen oder einen Poetry Slam. Für dieses Jahr planen wir, dass wir als Schul-Mitarbeitende uns nach der Organisation des Jubiläums auch selber nochmal feiern. Das wäre super, wenn das klappt. Privat steht in diesem Jahr einiges an Konzerten, Festivals und Kabarett an. Für mich der perfekte Ausgleich zum durchaus herausfordernden Arbeitsalltag.

Was möchten Sie Ihren LVR-Kolleg*innen mitteilen?
Ich möchte die Bedeutung von Therapeut*innen als festem Bestandteil im Schulalltag betonen. Das Besondere an der therapeutischen Arbeit in der Schule ist, dass wir Dinge leisten können, die für die Mitarbeitenden einer externen Praxis kaum möglich sind. Dazu fehlt ihnen schlicht die Zeit und Flexibilität, aber vor allem auch der Alltagsbezug. Wir erleben die Kinder im Miteinander in der Klasse, auf dem Schulhof, in der Essenssituation, beim Einsteigen in den Bus, bei Ausflügen oder wenn sie sich zoffen. Wir können flexibler auf tagesaktuelle Bedürfnisse eingehen und sind auch außerhalb der Therapie im Alltag der Schüler*innen präsent. Das ermöglicht uns als multiprofessionelles Team, im engen Austausch und in Zusammenarbeit mit der Pflege und dem Lehrpersonal, eine ganz andere Art der Therapie, die wie bereits erwähnt, auch immer auch eine Beziehungsarbeit mit den Kindern ist. Hinzu kommt, dass ich besonders aufwändige Hilfsmittelversorgungen in meiner Funktion als Therapieleitung lange begleiten kann. Sprich: der ganze Versorgungsprozess – von der Inventarisierung mit Eltern, behandelnden Therapeut*innen, Ärzt*innen und Lehrkräften, über die Unterstützung bei der Beantragung bei der Krankenkasse, bis hin zur Anprobe, Anpassung und letztendlichen Versorgung der Hilfsmittel – kann bei uns in der Schule stattfinden. Gerade außerhalb der Ballungsgebiete können wir so niedrigschwellig eine große Unterstützung für betroffene Familien anbieten. Deshalb sind die Förderschulen mit ihrer geballten Kompetenz in den Bereichen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie und Pflege einfach sehr wertvoll. Am Ende des Tages ist das Schönste, was ich mit meiner Arbeit erreichen kann, ein Mehr an Autonomie zu ermöglichen, und seien es ein paar Schritte.

Das Interview führte Isabelle Meyer-Thamer.